Kurzrezension Beinahe vier Jahre mussten wir auf das aktuelle Nachfolgealbum der Londoner Metal-Formation Dragonforce warten. Einer der Gründe für die lange Pause der Band war u.a. die Tatsache, dass man sich vom langjährigen Frontmann, ZP Theart wegen musikalischer Differenzen getrennt hatte.
Vocals Dank YouTube™ wurde mit Marc Hudson mittlerweile ein Ersatzmann gefunden der nicht nur vollauf überzeugen kann, sondern über weite Strecken auch variantenreicher als sein Vorgänger daherkommt. Statt dem etwas nasalen Gesang des Vorgängers kommt bei Hudson jede Textzeile kristallklar zu Geltung wie er u.a. im Song Seasons anschaulich demonstriert. Stellenweise erinnert der Gesang ein wenig an die früheren Dream Theater (e.g. Images and Words) und das meinen wir durchaus positiv!
Songwriting Die wichtigsten Veränderungen sind jedoch im Songwriting zu finden: Statt überlanger Songs von ehemals 6 bis 8 Minuten Länge sind alle Tracks des aktuellen Albums auf 4 bis 5 Minuten eingebremst (der Song Wings Of Liberty mal ausgenommen). Der Intensität und Power tut dies keinen Abbruch, im Gegenteil: Durch die kürzeren Songs kommt man sehr diszipliniert zur Sache und die Instrumentaleinlagen unterstützen endlich einmal den Spannungsbogen eines Songs, anstatt eine Spielwiese für Instrumentalakrobatik zu bieten.
Mix Leichte Variationen gibt es ebenfalls bei der Abmischung: Im Vergleich zum Vorgängeralbum Ultra Breakdown sind die Keyboards etwas in den Hintergrund getreten, wogegen die Bassgitarre deutlich mehr Präsenz zeigt und von den gelegentlichen "Feuerpausen" der Gitarren profitiert. Das Finetuning hat sich gelohnt - das aktuelle Album ist weitaus "angenehmer" zu hören, als die Vorgängeralben.
Ein tolles Beispiel ist das Hymnen-artige Cry Thunder mit einem eingägigen Refrain, Hudson's Solostimme im Wechsel mit dem Chorgesang der Band sowie den knackigsten Solopassagen, die man seit langem gehört hat. Den hochoffiziellen Videoclip zu Cry Thunder gibt's hier:
Ausnahmen bestätigen die Regel auch auf dem aktuellen Album: So hätte der Song Die By The Sword auf jedes der vier Vorgängeralben gepasst, gerade weil die Instrumentalpassagen und Zwischenstücke dort etwas lieblos aneinander gereiht klingen - eben old-style Dragonforce.
Aber eingefleischte Fans brauchen sich dennoch keine Sorgen zu machen: Im Ergebnis klingt der Longplayer immer noch unverwechselbar nach Dragonforce. Bei den Harmoniefolgen bleibt die Band auf bekanntem Terrain und auch das Tempo der meisten Songs ist immer noch genauso halsbrecherisch wie auf den Vorgängeralben. Ebenso liegt die Banalität der Songtexte auf dem gewohnten Niveau: Fantasy Fans und Videogamer von World of Warcraft™, Warhammer 40k™: Space Marines und Co. werden sich ganz zu Hause fühlen, denn die Texte passen wieder in die Schubladen "marching on to victory", "slaying demons", "battling against evil" und "fighting for glory and freedom".
Oder mit anderen Worten: Fans der Vorgängeralben wird ungefähr jede zweite Textzeile sonderbar vertraut vorkommen.
Fazit Mit dem Album The Power Within vollziehen Dragonforce einen "internen" Quantensprung. Hier spürt man, dass die Band (zum ersten Mal?) eine gesunde Balance zwischen instrumentaler Egomanie und ihrem eigenen Songwriting gefunden hat. Das Album ist trotz einiger kleiner Unvollkommenheiten (Lyrics) ein Beweis, dass es weder Orchesterbombast noch dreiminütige High-Speed Gitarren-Shredding-Soli oder Acht-Minuten Songs braucht, um modern klingenden Power-Metal zu produzieren. Produktionstechnisch ist das Album ebenfalls auf höchstem Niveau - die Abmischung ist crisp und druckvoll - Instrumente sind eindeutig identifizierbar. "Soundbrei" bzw. Verdeckungseffekte kommen erst gar nicht auf. Nach diesem Album liegt die musikalische Messlatte für Power-Metal eindeutig höher. Ein Meilenstein.
Hier die komplette Tracklist zu The Power Within :
Auf der offiziellen Website von Dragonforce gibt's wie immer mehr Infos und aktuelle Tourdaten.
Anspieltipps: Cry Thunder, Seasons und Last Man Stands.